
Das Mausoleum von Tulliola erhebt sich gegenűber dem Cicero-Mausoleum. Hoch auf dem Hűgel ist ein kleineres Grabmal, und zwar laut Űberlieferung das von seiner Tochter Tulliola. Mit Sicherheit wissen wir, dass die Űberreste von Cicero nicht in Formia, sondern in Rom liegen und, dass die der Tochter in dem nach ihr benannten Mausoleum aufbewahrt ist.
Das Gebiet, wo sich Tulliolas Mausoleum befindet, heisst “Acervara” und bezieht sich auf das Mädchen (“acerbam” weil sie sehr jung starb und “ara” der genaue Ort).
Auf dem Gipfel des Hűgels gibt es auch Spuren von Bauten aus der republikanischen Zeit; stabile, gut gebaute Mauern und eine seitliche Säulen mit einem Steineingang aus Kalk mit Hakenlőchern fűr die Eingangstűr. Die Hőhe ist zirka zwei Meter, die Seiten 50 cm breit.
Man fand verschiedene gut erhaltene Terrakottateile, besonderes ein Teil in Dreiecksform wurde benutzt, um Säulen zu bauen und sie dann mit Stuck zu versehen. Andere Terrakotta-Teile bedeckt mit “cocciopesto” (Putzmischung aus Tonscherben und Kalk) sowie einem gebogenen Teil gehőrten sicherlich zu einer “dolium” (Gefäβ) grőβeren Umfangs.
Die Mauerreste kőnnten sich auf einen Wasserspeicher beziehen, der aber zurzeit sehr baufällig, mit Erde und Gestrűpp zugeschűttet ist. Es handelt sich um die Quellen von Acerbara, die in vielen Bűchern aus der Vergangenheit genannt werden.
Einige einfallene Mauerteile kőnnte man einem gewőlbten Zwischenboden zuschreiben, der die Funktion hatte, Regenwasser zu sammeln. Man fragt sich, wie es mőglich gewesen ist, dass man derartige Bauten an einem solch unwegsamen Zugang habe bauen kőnnen.
Das Grabmal von Tulliola auf dem Hűgel Acerbara in Formia
Diesen Ort habe ich oftmals besichtigt und ich mich immer gefragt, wie er ursprűnglich war.
Der heutige Zustand des Ortes ist in den Details nicht mehr derjenige, den der Maler Pasquale MATTEJ (1813 – 1879) um 1847 gesehen und gemalt hat. (Foto 1 Das hier gepostete Foto wurde zusammengesetzt)
foto 1
Vor dem Maler Mattej wurde der Ort von Sebastiano Conca (1680 – 1764) [Foto 6] und von Carlo Labruzzi (1748 – 1817) –[Foto 7] gemalt. Aber beide mit nicht nűtzlichen Ergebnissen und nicht ausreichend, um meine Idee zu verwirklichen.
foto 6
foto 7
Alle drei Kűnstler zeichnenten und malten das ganze Mausoleum von Tulliola bestehend aus einem Grabmal, aus einem Sockel lokaler Kalkpflasterung und einer Struktur genannt Pyramide oder Spindel. (siehe Foto Nr. 8 “Istituto Luce ’30)
foto 8
Ohne jeden Zweifel ist die Zeichnung von Mattej präziser und realitätsnaher, vor allen Dingen die Westseite des Grabes. Vielleicht hatte auch unser Mitbürger keine Ahnung, wie der obere Teil des Mauerwerks bzw. des Denkmals in abwechselden latericium und reticulatum“ aus der frühen römischen Kaiserzeit ursprünglich gewesen war. Auf der Zeichnung von Mattej (Foto 1) ist der obere Teil der Hauptseite mit Gestrűpp bedeckt.
Ich muss meinem Freund und Künstler Emilio Sparagna danken, der vermutet hat, dass die
obere achteckige Form mit Dachziegeln bedeckt war und fertigte so ein Model an.
foto 3
Ich habe meinem Freund Fausto Forcina gebeten, den oberen von Emilia Sparagna reproduzierten Teil mit Hilfe des gemalten Bildes von Pasquale Mattej in ein “Fotoshop” umzusetzen.
Tatsächlich ist die achteckige Form der oberen Schicht durch das Foto 2 bestätigt, während die Bedeckung der Dachziegeln durch die groβe Anzahl von dicken Scherben begrűndet ist. Sie sind heute noch sichtbar vor allen Dingen am Abhang Richtung Meer.
foto 2
So konnte ich meine Erzählung durch diese Fotomontage bereichern. Ich hoffe, dass diese einfache Idee bei Experten des technischen-grafischen Sektors ein Echo findet, damit wir auch in Formia eine Rekonstruktion in 3D nicht nur fűr dieses Monument, sondern auch fűr die Zisterne, das rőmische Theater, das rőmische Amphitheater, das Mausoleum von Cicero, von den gedeckten Wandelgängen (Kryptoportikus) in Caposele im Stadtpark erhalten.
Alle Städte mit archäologischen Űberresten sind mit 3D-Űberarbeitungen ausgestattet und sie műssten auch in unserem archäologischen Ortsmuseum vertreten sein. Fűr den Augenblick geben wir uns mit meiner bescheidenen Umsetzung, dank der Hilfe meiner oben genannten Freunde, zu frieden.
Raffaele Capolino
Besonderheit: vielleicht war es das Werk des Architekten Cluazio
Ciceros Wille, Pläne und Ängste für seine Ausführung.
Für die Ausführung dieses “ Fanum Tulliolae “ (Heiliger Ort von Tulliola) ist es notwendig, den langen Brief 36 Buch 12 durchzulesen, den Cicero an Atticus schickte.
Dies sind die interessantesten Stellen:
„Ich möchte, dass ein kleiner Tempel gebaut wird… Wenn ich ihn innerhalb einer meiner Villen bauen würde, habe ich Angst vor einem Eigentümerwechsel.
Wenn ich es hingegen in irgendeiner Ecke des Landes bauen würde, könnte ich ihm den religiösen Respekt der Nachwelt garantieren.
Wenn Sie mit der Idee, dem Ort, dem Bauprojekt einverstanden sind, lesen Sie bitte das Gesetz durch und senden Sie es mir zu.
Wenn Ihnen eine andere Möglichkeit einfällt, das Gesetz zu umgehen, werden wir es übernehmen, und wenn Sie sich bereit erklären, das “Tempietto” (Tempelchen) zu bauen, wie ich es jetzt tue, möchte ich, dass Sie Cluatius anspornen sich zu bewegen
Selbst wenn wir uns für einen anderen Ort entscheiden sollten, denke ich, dass ich Ihre Dienste und technische Beratung in Anspruch nehmen werde.“
Aus diesem Brief wissen wir also, dass das Projekt und die Ausführung des „Fanum di Tulliola“ ohnehin dem Architekten Cluazio anvertraut worden wäre, aber eine andere Sorge, die sich zeigt, ist der steuerliche Aspekt.
Die Schriftstellerin Colleen Mc Cullough bestätigt, dass Cicero wusste, dass sich das ganze Bauprojekt auf eine Totalsumme von 20 Talenten belaufen wűrde. 10 Talente entsprachen den Kosten für die Ausführung des Grabes, weitere 10 Talente fűr das von Caesar erlassene Gesetz “Legge Suntuaria”, das man in Form von Steuern an die Staatskasse zahlen musste.
Cicero äußerte gegenüber Atticus den Wunsch aus, die Steuer mit einer Ersparnis von 10 Talenten zu umgehen, indem er diesen Bauantrag nicht für ein Begräbniswerk, sondern für einen öffentlich zugänglichen heiligen Ort beantragte: ein „Consecratum“ oder ein „Heiligtum“.
Zu jener Zeit war ein römisches Talent (nicht geprägtes Silber) in 100 Pfund geteilt.
Heutzutage entspricht ein rőmisches Talent dem Wert von 10.000 Euro. Die gesamte Arbeit einschließlich der Steuerlast, würde heute 200.000 Euro kosten.
Der aktuelle Wert wäre natűrlich viel höher, wenn die Kaufkraft eines Pfunds in Silber in den beiden unterschiedlichen Epochen beachtet.
Ein weiterer Auftrag, den Cicero an Atticus erteilte, war Apella von Chios (Griechenland) mit der Auswahl des Marmos zu beauftragen.
Atticus versuchte vergeblich, Cicero den Bau eines Tempels auf einer kleinen Insel auf einem alten Besitz von Arpino oder in der Nähe von Astura zu raten. Der Redner entschloβ sich aber , wie Marziale behauptet, ein Mausoleum auf einem Eigentumsgrundstűck in Formia zu bauen, weil es an der Via Appia lag und so für jeden auf dieser Teilstrecke sichtbar war. Wieso dieses Anliegen ? Ja, ganz einfach, weil die Via Appia in der damaligen Zeit einer wichtigsten Straβe der Welt war.
Es könnte also der Architekt Cluazio gewesen sein, der das Grabmal der Tulliola auf dem Hügel von Acerbara entworfen und gebaut hat. Er verwendete griechischen Marmor, den er von Apella von Chios über Atticus gekauft hatte.
Von allen wird heute angenommen,dass das Grab von Acerbara das von Tulliola ist, die 45 v. Chr. nach der Entbindung starb, nachdem sie einen Sohn auf die Welt gebracht hatte. Sie vertraute ihren Sohn Publius Dolabella an, von dem sie sich einige Monate vorher getrennt hatte.
In jenem Jahr hatte auch Cicero die sehr junge Publilia verlassen, weil sie keinen Respekt vor Tulliola gezeigt hatte und die er nach seiner Scheidung von Terenzia im Jahr 46 v. Chr. geheiratet hatte.
Celio Rodigino (richtiger Name Ludovico Ricchieri 1469-1525) sagt, dass unter Papst Sixtus IV. vor dem Grab von Cicero an der Via Appia ein Grab von Tulliola mit einbalsamiertem Körper und mit Gold geflochtenem Haar gefunden wurde, dass aber drei Tage später alles zu Staub zerfallen war. Es ist eine Episode, die vertieft werden sollte, um zu verstehen, ob es tatsächlich in unserem Gebiet vorgefallen ist.
Eine anderer Fund, bezieht sich auf die Amtszeit von Papst Paul III, so um 1540, als man am Stadtrand von Rom ein Grab mit der Inschrift „Tulliola Filiae Meae“ entdeckte. Es wird űberliefert, dass die Grablampe noch nach 1500 Jahren brannte, aber plőtzlich ausging. Der Papst beschloss aber, aufgrund dieses „volksheidnischen Lärms”, den gut erhaltenen Körper des Mädchens für immer verschwinden zu lassen, indem er ihn in den Tiber werfen ließ.
Ich denke, ich habe die interessantesten Fakten dieser Geschichte über das Grab der Tulliola erzählt, und das betrifft vor allem unsere Stadt Formia.
Aktualisierungen und Korrekturen können, wie bei allen historischen Erzählungen, in der Zukunft immer vorgenommen werden.
Raffaele Capolino